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Impuls von Diakon Patrick Oetterer

Jesus verheißt uns diese Fülle heute am 4. Sonntag der Osterzeit in seiner frohen Botschaft: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“
Kerze weiss
Datum:
2. Mai 2020
Von:
Patrick Oetterer

„Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ (Joh 10,10b))

Kerze weiss

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, 

in der Zeit der Bedrängnis der Corana-Krise möchte ich die Kraft des Schweigens des Karsamstages in Erinnerung rufen und den inneren Zusammenhang mit Ostern und einem möglichen erfüllten Leben aufzeigen. Jesus verheißt uns diese Fülle heute am 4. Sonntag der Osterzeit in seiner frohen Botschaft: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ (Joh 10,10b). Vielleicht entdecken sie die Stille als eine neue Lebensquelle für sich. Meiner Erfahrung nach lieg im Schweigen des Karsamstages für den einzelnen und für die Gemeinschaft ein großes Potential innerer Stärkung. Ein solcher Weg verlangt von uns – in aller Unrast, in allem Getriebensein und aller inneren und äußeren Not, ein Innehalten einzuüben. Dazu möchte ich Sie ermutigen und einladen.

Schauen wir also noch einmal zurück auf den Karsamstag. Der Karsamstag  ist mit seiner Stille und seinem Schweigen ein ganz besonderer Tag der Ruhe und der Sammlung. Er erinnert daran, wie Gott aus dem Nichts, aus seinem lebendigen Schweigen heraus die Schöpfung ins Dasein ruft und erschafft. Durch das Schweigen und die Ruhe des Karsamstages hindurch wirkt Gott an Ostern die Auferstehung seines Sohnes Jesus Christus. Als Licht der Welt erleuchtet er die Welt und uns Menschen auch von innen her und schenkt uns Anteil an seinem göttlichen Leben. So kommt der Ruhe eine grundlegende Bedeutung für alles Leben zu. Im Alten Testament heißt es (Weisheit (18,14f): „Als tiefes Schweigen das All umfing … da sprang dein allmächtiges Wort vom Himmel.“

Was kann uns dieser Hinweis in unserer Krisensituation bedeuten? Er bedeutet, dass die Ruhe, die Stille, gegen viele Widerstände ein gelingendes, ausgeglichenes und zufriedenes Leben zu schenken vermag. Dies gilt es neu zu entdecken, weil wir in Stille von innen her erneuert, aufgebaut und gestärkt werden. Die Ruhe schenkt unserem Leben Tiefe, Kraft und Freude. Wenn wir schweigen, können wir nämlich die leise Stimme Gottes hören und er kann in uns wirken. Darum kann Jesus zu uns sagen: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! …  ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.“  (Mt 11,28-29).  An anderer Stelle sagt er: „Du aber, wenn du betest, geh in deine Kammer, schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist!“ (Mt 6,6). Stille als Weg nach Innern, in unsere Herzenskammer, ist darum zugleich auch genuin christliches Gebet. In unserem Innern wohnt Gott. Dort lässt er sich finden. Dort können wir ihn hören. Dort können wir  persönlich mit ihm sprechen, ihm unsere Sorgen mitteilen, ihm aber auch für alles Schöne danken.

Jesus selbst ging immer wieder in die Stille, an einsame Ort, in die Wüste, um zu beten und mit seinem Vater zu sprechen. Im frühen Christentum nehmen sich die Wüstenväter und Wüstenmütter Jesus zum praktischen Vorbild. Von Ihrer Sehnsucht nach der Begegnung mit dem Auferstandenen getrieben, zieht es sie in großen Scharen in die Wüsten Ägyptens und Syriens. Der Wüstenvater Johannes Cassian hat sein Wissen um das in den Wüsten entwickelte Gebet der Ruhe in den Westen gebracht. Dort hat er es Südfrankreich auf Wunsch des Papstes aufgeschrieben. 

Ich lade Sie heute ein, diese Zeit der Corona-Krise als Herausforderung anzunehmen, um sich in der Stille ihres Herzens Gott vertrauensvoll hinzugeben, damit sich ihr Leben – auch in aller möglichen Not und Sorge, in allem Leid und in aller Bedrängnis – durch Gott erfüllt und sie erfahren: Jesus Christus ist mein Hirte, ihm will ich mein Leben anvertrauen.

Wie geht das Gebet der Ruhe? Es ist sehr einfach. Wenn es ihnen möglich ist, begeben sie sich jeweils morgens und abends 10 bis 15 Minuten an einem ruhigen Platz in Ihrer Wohnung in die Stille - setzen sich bequem und locker hin, nehmen mit beiden Füßen Kontakt mit dem Boden auf, um sich zu erden, schließen die Augen und lassen alle Gedanken und Bilder fortziehen. Natürlich kommen und gehen immer wieder neue Gedanken. Das ist aber überhaupt nicht schlimm, sondern Teil des langsamen innerlich zur Ruhe-Kommens. Denn in diese Unruhe der Gedanken hinein, rufen Sie Jesus ganz einfach mit seinem Namen an und sagen beispielsweise in den ablenkenden Gedankenfluss hinein: „Komm, Herr Jesus!“ oder: „Herr, erbarme dich!“. Dies alles geschieht im Schweigen und wiederholt sich solange, bis die Gedanken sie wieder verlassen haben und sie ganz im Schweigen sind. Dort wartet Gott auf uns.  

 

Probieren sie es!

 

Einen gesegneten 4. Ostersonntag wünscht Ihnen, Ihren Familien und Angehörigen mit dem ganzen Seelsorgeteam  -

Ihr

Patrick Oetterer
Diakon